Was sind eigentlich Entscheidungen?
In einer Entscheidungssituation gilt es zwischen mehreren Optionen zu wählen, die nicht gleichzeitig kompatibel sind. Viele Entscheidungen fallen leicht, wir treffen täglich tausende davon.
Doch oft fällt es uns auch schwer Entscheidungen zu treffen. Wir sprechen dann von einem Entscheidungsproblem, wenn alle Optionen etwas für uns Wertvolles an sich haben und alle einen Preis haben, wenn wir sie nicht wählen.
Ich kann mich nicht nicht entscheiden.
Sich nicht zu entscheiden, ist auch eine Entscheidung – für den Status Quo – und kann unter bestimmten Bedingungen durchaus sinnvoll sein.
Warum fallen mir manche Entscheidungen so schwer?
Jede Entscheidung bezieht sich auf zukünftige Entwicklungen, die grundsätzlich ungewiss sind. Und diese Ungewissheit widerspricht unserem grundlegenden emotionalen Bedürfnis nach Sicherheit und führt somit bei vielen Menschen zu Stressbelastungen. Wenn ich wüsste, dass bei meiner Entscheidung ganz sicher das herauskommt, was ich mir wünsche, fiele sie mir leichter. Verständlich, aber nicht realisierbar! Angst vor falschen Entscheidungen wurde uns evolutionsbiologisch in die Wiege gelegt, denn wir sind ein Herdentier und wollen zur Gruppe gehören, das sicherte das Überleben unserer Vorfahren und es sichert unseres. Neben sozialem Druck von außen beeinflusst aber auch ein sozialer Druck von innen unsere Entscheidungen.
Gunther Schmidt ist Diplom-Volkswirt, Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Begründer der hypnosystemischen Therapie. In seiner jahrzehntelangen Arbeit hat er festgestellt, dass uns vor allem ein ganz (entscheidender) Aspekt am Entscheiden hindert: die Angst, dass unser zukünftiges Ich uns mit Selbstvorwürfen für die getroffene Entscheidung überhäuft, wenn nicht das gewünschte Ergebnis eintritt.
Eine gute Verbindung zu unserem Unbewussten kann uns bei Entscheidungen helfen.
Wie können mir Entscheidungen leichter fallen?
Ein möglicher Weg, der zum Beispiel im Rahmen einer Hypnosetherapie unterstützt werden kann, ist somit eine imaginative Verabredung mit seinem eigenen zukünftigen Ich. Es wird die Vereinbarung getroffen, stets dankbar zu sein für den Mut des heutigen Ichs angesichts der Ungewissheit eine Entscheidung zu treffen. Das heutige Ich hat nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Und sollte ein unerwünschtes Ergebnis dabei herausgekommen sein, wird ein hilfreicher Lernprozess daraus gemacht.
„An den Scheidewegen des Lebens stehen keine Wegweiser.“
Charlie Chaplin
Wie sieht es zudem aus mit der Beachtung und Würdigung unseres Bauchgefühls – der Intuition? Sie basiert auf unbewusster Informationsverarbeitung, bei der das Gehirn gespeicherte Erfahrungen, Muster und Wahrnehmungen schneller verarbeitet als unser bewusstes Denken.
Neurogastroenterologen gehen davon aus, dass Gehirn und Bauch über die Nervenverbindungen der Darm-Hirn-Achse miteinander kommunizieren und es so zu den als Bauchgefühl bekannten Wahrnehmungen kommt.
Wer kennt das nicht? Gefühle wie Angst, Stress oder auch schon ein Unwohlgefühl zeigen sich durch Magenschmerzen oder andere Funktionsprobleme auf. Umgekehrt verspüren wir ein Wohlempfinden oder Glücksgefühle, haben „Schmetterlinge im Bauch“. Wer sich darauf einlässt, den lenkt sein Bauchgefühl in die Richtung, zu der das Innerste „Ja“ sagt.
Und da kommt die Münze ins Spiel!
Natürlich möchte ich Sie nicht animieren, Lebensentscheidungen per Münzwurf zu treffen, aber häufig haben wir verlernt, unser Bauchgefühl wahrzunehmen und in Entscheidungen mit einfließen zu lassen.
Probieren Sie einfach mal die folgende Übung als Teil eines Entscheidungsprozesses mit zwei Optionen aus – in dem Moment, in dem die Münze in der Luft ist, wissen die meisten Menschen intuitiv ganz genau, welches Ergebnis sie sich wünschen!
- Wählen Sie eine ruhige, ablenkungsfreie Situation für Ihren Münzwurf.
- Formulieren Sie die beiden in Frage kommenden Optionen in jeweils maximal 5 Wörtern.
- Visualisieren Sie mit geschlossenen Augen die eine Option auf der Kopfseite der Münze und die andere Option auf der Zahlseite der Münze.
- Augen öffnen & werfen!
Hat Ihnen Ihr Bauchgefühl eine Wunschseite der Münze offenbart? Wenn Ihnen die Münze nicht liegt, gibt es noch viele weitere Übungen, in sich hinein zu spüren. Ich selber visualisiere zum Beispiel in manchen Entscheidungssituationen mit geschlossenen Augen im Vergleich das erwartete Ergebnis, wenn ich etwas tue und wenn ich es nicht tue. Es ist schon fast erschreckend, wie vehement sich das Bauchgefühl dabei zu Wort meldet.
Wieder Zugang zur eigenen Intuition zu finden ist für viele Menschen ein ungewohnter Prozess. Unser Alltag ist dominiert von – vermeintlich – rationalem, bewusstem Abwägen von Vor- und Nachteilen, von Listen, Analysen und Zielerreichungsquoten. Dies alles hat eine Daseinsberechtigung und nimmt Einfluss auf unsere Entscheidungen.
Darüber hinaus zu erkunden, wieviel mehr uns ausmacht als willentlich kontrolliertes, planvolles Handeln kann ein spannender und bereichernder Schritt heraus aus der eigenen Komfortzone sein – nicht nur bei Entscheidungen.
Vera F. Birkenbihl stellt die Gesamtsumme der bewussten und unbewussten Wahrnehmungsmöglichkeiten des menschlichen neurophysiologischen Apparates dem Flaschenhals unserer bewussten Wahrnehmung gegenüber. Sie verwendet dabei die Metapher einer Wegstrecke.
Was meinen Sie, wie lang unsere Strecke Bewusstsein im Gegensatz zu unserer Strecke Unbewusstsein ist?
Das Bewusstsein kam auf 15 Millimeter, das Unbewusstsein auf 11 Kilometer. Ich habe mich entschieden, das einfach mal so wirken zu lassen.